Schon seit Wochen tobt
der Medienkampf in der Pegida-Berichterstattung. Kaum ein Tag vergeht, an dem
nicht ein wichtiger Politiker – oder einer, der wichtig sein möchte – seine despektierliche
Meinung über die Dresdener Protestbewegung über die Medien verbreitet. Aus „sicherer“
Entfernung (Luxemburg ist wohl nicht weiter von Dresden als Sylt oder Weil am
Rhein, man hat aber den Vorteil, dass man manches mit weniger
Unvoreingenommenheit betrachtet) stellt man sich aber mal die Frage, ob die
politische Prominenz neben der Verarbeitung des Pegida-Problems noch Zeit zum
Regieren findet.
Nun denn, wenn man es
als Problem betrachtet, muss man unumwunden eingestehen, dass es in all den
Wochen nicht kleiner, sondern wesentlich größer geworden ist. An beiden „Fronten“
steigt die Zahl der Protestierenden. Seit Wochen vermisse ich besänftigende
Töne, seit Wochen wird das Feuer immer neu mit frischem „Öl“ entfacht. Jüngste
diesbezügliche Entgleisung ist der Entscheid der Darmstädter Linguisten, das
Wort „Lügenpresse“ zum Unwort des Jahres zu küren. Damit hat man die
Pegida-Leute zumindest linguistisch mit den Nationalsozialisten in einen Topf
geschmissen. Demnächst wird wohl der Gebrauch gewisser Autobahnabschnitte
automatisch mit nationalsozialistischer Einstellung verknüpft werden.
Dabei zeigt ganz
rezent die Berichterstattung von der Kundgebung in Paris, dass die Bezeichnung „Lügenpresse“
für die meisten Mainstream-Medien berechtigt ist. Erst hat man uns glauben
lassen, dass alle Regierungschefs mit der großen Masse der Demonstrierenden
mitgezogen sind, um dann einige Tage später zu erfahren, dass diese Politiker,
fern der großen Masse und gut behütet von Bodyguards, die zusätzlich als
Statisten dienten, ein menschenleeres und abgesperrtes Straßenstück für einige
Minuten als Bühne für ihre Schmierenkomödie benutzten. Ein Choreograph hat sicherlich
dafür gesorgt, dass die Akteure ganz wirklichkeitstreu mal nach rechts, dann
nach links in die nur ideell vorhandene Menschenmenge schauten. Wenn das alles
nur aus Sicherheitsgründen geschah, dann darf man sich fragen, weshalb man
nicht z.B. in Straßburg oder Brüssel ein Treffen der Häuptlinge veranstaltet
hat. Nein, man wollte den Eindruck vermitteln, dass man gemeinsam mit dem
französischen Volk trauert. Man hat die Menschen, die auf die Medien zur
Information angewiesen sind, getäuscht. Heute nennt man das ein „Fake“. Für
mich und viele andere ist es ganz schlicht eine Lüge. Ergo: Lügenpresse.
Was mir aber noch mehr
Verständnisprobleme verschafft ist die Unfähigkeit der deutschen Regierung mit
an ihrer Spitze Frau Merkel, mit diplomatischem Geschick die Gemüter zu besänftigen,
die Vertreter der Unzufriedenen – denn das sind wohl die Pegida-Leute – mit wichtigen(!)
Vertretern der Regierung an einen Tisch zu bekommen und dort mit kühlem Kopf
und wohl ausgewogenen Worten
Verbesserungsvorschläge ausarbeitet. Ganz im Gegenteil: wer politisch
heute oben stehen möchte, glaubt seine Befähigung dazu beweisen zu müssen, dass
er die Protestierenden aus Dresden mit immer deftigeren und unflätigen
Bezeichnungen adelt. Dass ein grüner Möchtegern-Kanzler in dem Zusammenhang
Ausdrücke wie Mischpoke oder Nazi-Schwein gebraucht ist schier unannehmbar. Auf
eine deutliche Rüge von oben – Parlament wie Partei – warte ich bis heute
vergeblich.
In der Pegida-Frage
hat die Kanzlerin versagt. Ihre bisherige Politik des Abtauchens bei Problemen
hat hier genau das Gegenteil bewirkt: die Lösung rückt in immer weitere Ferne.
Hätte Frau Merkel Ende November Anfang Dezember den Kontakt mit Pegida gesucht,
könnten heute schon vernünftige Lösungsvorschläge auf dem Tisch liegen. Stattdessen
hat die Kanzlerin gewartet bis zu ihrer Neujahrs-Ansprache, um entgegen der
weltweiten Gepflogenheit nicht die Hände zur Versöhnung, zum Dialog, zum
Miteinander zu reichen, sondern um den Keil noch tiefer in die Gesellschaft
hineinzutreiben.
Vielleicht lässt die
neueste Studie von Spon Frau Merkel aufhorchen: Pegida-Demonstrierende sind zum
grossen Teil keine braunen Gesellen, sondern überdurchschnittlich gut
verdienende Mittelständler, die mit der Politik (Ihr Métier, Frau Merkel!)
nicht zufrieden sind. Es ist zu hoffen, dass die Kanzlerin jetzt den Dialog
sucht. Zeit wird’s allemal!
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